Donnerstag, 4. Juni 2015

~ Perspektivwechsel zu WORTlos geFÜHLt ~

Nach dieser entwürdigenden Szene bei der Therapeutin irrte Lisa durch die Stadt.
Wie hatte er das tun können, wie konnte er sie einfach so da sitzen lassen?
War es eine gute Idee gewesen Tom zu dieser Paartherapie zu bewegen?
Ihre Ehe hatte nichts mehr von dem Zauber, der sie noch zu Beginn verband.
Häufig fragte Lisa sich in der letzten Zeit, ob sie der Grund dafür war,
dass alles so angespannt und mühselig war. Sie sehnte sich nach mehr Freiraum,
aber wann immer sie diesen Gedanken dachte, überkam sie ein schlechtes Gewissen,
schliesslich hatten sie gar nicht so viel Zeit miteinander.
Tom war ständig beruflich unterwegs. Klar, sie hatte ihn ermutigt
diesen Job anzunehmen, es war schliesslich eine große Chance für ihn
sich zu entwickeln. Er war damals unentschlossen, allerdings konnte sie
sich die Alternative, einen schnöden Bürojob für Tom gar nicht vorstellen.
Als sie sich kennenlernten, träumten sie von einer gemeinsamen Zukunft
irgendwo am Meer oder auf dem Land. Von einer Oase in der Natur,
einem Ort an dem gestresste Menschen zu sich kommen können.
Sich einbringen in den Tagesablauf. Kreativ sein, in der Natur,
am Objekt, das mit den Menschen wachsen würde.
Lisa hatte vor gehabt sich in eine Richtung weiterzubilden,
die es ihr erlauben würde Seminare zu geben, zu den verschiedensten Themen.
Sie wollte schreiben, fotografieren, vielleicht malen, und einfach so
frei wie möglich leben. 
Doch ausser dem notwendigen Finanzierungskonzept fehlte ihnen der Mut
an ihren Traum zu glauben.
Lisa begann zu weinen und gleichzeitig ärgerte sie sich über sich selbst.
Nun wären wohl sie diejenigen, die Zeit in einer solchen Oase bitternötig hätten.
Tom wahrscheinlich noch nötiger als sie selbst, nach seinem Zusammenbruch vor
einigen Wochen.
Seitdem war alles noch schlimmer. Es schien oft, als wäre er geistig gar nicht anwesend.
Wann immer Lisa den Kontakt zu ihm suchte, mauerte er sich mehr ein.
Mittlerweile ging es schon soweit, dass sie sich verantwortlich fühlte für ihn zu antworten,
oder Gespräche mit seiner Mutter zu führen, weil sie ja auch mitbekam, dass Tom
nicht bei der Sache war.
Obwohl sie so viele Freiräume hatte, in ihrer Ehe fühlte sie sich
plötzlich gefangen und konnte nicht einmal genau begreifen warum.
Geschweige denn einen Zeitpunkt festmachen, an dem aus dem
einst glücklichen, lebensfohen Paar, Fremde geworden waren,
die ausser der glücklichen Vergangenheit und der tiefen Liebe,
die sie  einmal verband, und die sie nun unter allen Umständen
wieder herstellen wollte, nicht mehr viel gemeinsam hatten.
Lisa wünschte sich so sehr, dass einmal wieder die Fetzen fliegen würden,
sie sich streiten könnten, aber nicht einmal mehr dazu schien Tom bereit.
Je lauter sie wurde, desto leiser wurde er.
Jede noch so kleine Flamme erstickte im Kern und endete in einem Raum
aus dicker Luft und Nebelschwaden, die mitterweile das gesamte Haus
durchzogen und eine klirrende Kälte hinterließen,
so dass sie nicht einmal mehr gerne an diesen Ort
zurückkehrte, der einmal ihr Zuhause gewesen war.

Lisa sah auf die Uhr. Es war spät geworden, sie fischte ihr Handy aus
ihrer Handtasche um Tom eine SMS zu schreiben:

"Bin in cirka einer Stunde zurück. Wir müssen reden."



HERZlich ~ Daniela

Erinnert ihr Euch noch an  Toms  Perspektive?




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