Dienstag, 23. Juni 2015

~ Eine Wellengeschichte: Nick ~

In einer kleinen Stadt unweit eines Flusses lebte einst ein kleiner Junge.
Sein Name war Nick. 
Er wuchs auf mit seinen Geschwistern, seiner Mutter und seinem
Stiefvater, der Vater hatte die Familie verlassen und vorher bereits
eine neue gegründet und liess den Kontakt zu diesem kleinen Jungen
einschlafen.
Nick wuchs in einer Gegend auf, die einem Kind viel SPIELraum
bot. Spielplätze waren in der Nähe, Parks die geradezu einluden
mit seinen Freunden die aufregendsten Abenteuer zu erleben.
Nick war der Jüngste, sowohl in seiner Familie, als auch
in der Gruppe von Kindern mit denen er immer spielte.
So war er seinem Alter immer ein wenig voraus,
ein wenig nachdenklicher, als die meisten Kinder seines Alters,
ein wenig mutiger und ständig im Konflikt, denn für die Jungs
seiner Clique, der auch sein großer Bruder angehörte,
war er trotzdem immer der "Kleine".
Das machte ihn wütend, spürte er doch, dass viele
der Älteren gar nicht so klug & cool waren,
wie sie sich selbst gern sahen.
Als die anderen schon längst zu weiterführenden Schulen gingen,
war Nick der einzige, der noch in der Grundschule verharrte.
Ständig hänselten ihn die "Größeren" so dass Nick sich nichts sehnlichster
wünschte, als endlich erwachsen zu werden,
was genau das bedeutete, konnte er sich zu dieser Zeit nicht vorstellen,
aber er neigte in seinen "stillen" Stunden zu Träumen,
er malte sich seine Zukunft in den buntesten Farben aus
und eins war ihm Klar, er hatte schon immer einen besonderen
Zugang zur Musik und da lag es doch nahe,
dass er Musiker würde, nein, kein Rockmusiker,
das passte nicht zu ihm und seiner "Hood".
Er würde Rapper werden und er würde damit in seinen Songs
ausdrücken können, was er schon immer mal sagen wollte,
aber niemand hörte. Auf einer Bühne zu stehen, Menschen zu bewegen,
davon wagte er nicht zu träumen, es würde ihn schon glücklich
machen, wenn der eine oder andere seine Musik zu Hause hören
würde, wenn er Menschen ein wenig Mut machen könnte,
die ähnlich wie er immer wieder einmal das Gefühl hatten,
nicht in diese Welt zu passen, nicht genug zu sein, nicht
als der gesehen zu werden, der er war. Nick, ein wundervoller,
fantasievoller Junge mit Zugang zu einer Welt, die die anderen
aus seiner Clique nicht einmal zu ahnen fähig waren,
die Welt seiner Träume.
Immer öfter flüchtete Nick in diese Welt, je älter er wurde.
Mit seiner Pubertät wurde er plötzlich wütend,
wütend auf alles und jeden, auf seine Familie,
deren Willkür er sich hilflos ausgeliefert sah.
Seine Lehrer, die ihn rein gar nichts lehren konnten,
was ihn irgendwie weiterbringen würde.
Seine Clique, die wie ihm plötzlich fühlbar war aus
lauter einfältigen Idioten bestand und nicht zuletzt auf
seinen großen Bruder, den er immer bewundert hatte,
der aber keine Gelegenheit ausließ Nick bloß zu stellen,
vor seinen Freunden, seiner Familie und natürlich vor den
Mädchen für die Nick langsam ein Interesse entwickelt hatte.
Seine Mutter verstand nichts von dem, was er ihr immer mal wieder
und immer seltener zu offenbaren versuchte, nämlich sich selbst.
Viel zu sehr beschäftigt war sie mit ihrem eigenen Leben,
den Dramen die sich in ihrem Inneren abspielten und den
ungelebten Träumen, die sie sich anzuschauen nicht traute,
innerlich unterkühlte und einfach nicht wahrnahm was mit ihrem
Kind geschah.
Nick wurde indess immer wütender, er rebellierte, nichts mehr liess
er sich sagen oder gar verbieten, von niemandem,
da wo seine Freiheit eingeschränkt wurde nahm er sie sich,
koste es was es wolle.
Seine Schulleistungen gingen in den Keller,
seine Familie hielt ihn für unerträglich
und eines Tages fand Nick sich in einer Wohngruppe wieder,
einer Gruppe aus Jugendlichen, die alle bereits in der Kindheit
mit Lasten beschwert, nun auf einen Haufen zusammenkamen.
Das hatte Vorteile und auch die Betreuer dieser Gruppe waren
für Nick so etwas wie ein Segen, einige von ihnen zumindest.
Er wurde gesehen, als der Junge der er war, mit seinen Stärken
und Schwächen, Potenzialen und Defiziten.
Echte Freundschaften entstanden zu gleichaltrigen in der Gruppe
aber auch hier spürte Nick immer wieder, dass er nicht
so recht hineinpassen wollte in die Gedankenwelt der meisten Menschen.
In ihm wuchs zu dieser Zeit mehr denn je die Sehnsucht nach einem Zuhause,
gleichzeitig der Wunsch es allen zu beweisen, dass er es schaffen kann,
dass er zwar anders fühlte, anders dachte als der Rest, aber genauso
erfolgreich sein konnte.
Das tat er.
Er absolvierte erfolgreich eine Ausbildung, wertete dadurch seinen
Schulabschluss auf, er begab sich auf die Suche nach einem ZuHause,
das er einige Jahre später in der Begegnung mit einer Frau zu finden
glaubte. Sehr Jung heiratete er die Frau, die von nun an sein zu Hause sein sollte
und gründete eine Familie.
Das Gefühl, als er das erste Mal seinen Sohn im Arm hielt,
erfüllte ihn mit Glück, eine solche Liebe hatte er noch nie zuvor gespürt
und er schwor sich und seinem Kind, dass es niemals die gleiche Zerissenheit
erleben sollte, die er schon ein Leben lang in sich trug.
Die ihn immer wieder von sich selbst trennte und von den Menschen,
die ihm nahstanden. Zu viel Gehen war im Verweilen und zu viel Verweilen
im Gehen.
Er fand Mittel sich immer wieder Zugang zu seinen Träumen zu verschaffen,
in Welten zu flüchten,
ohne dazu allzu sehr in Kontakt mit seinem Schmerz, der mittlerweile
wie ein eingemauerter Schatten um seine Träume herumtanzte zu kommen.
Mit der Geburt seines Sohnes veränderte sich so viel,
Liebe hielt Einzug in sein Leben, Verantwortung und vieles
schien für einen gewissen Zeitpunkt die Wichtigkeit zu verlieren.
Er war nun Vater, ein erwachsener Mann, der für seine Familie zu sorgen hatte
und bodenständig zu sein hatte, dieser Gedanke, wie der schneidende
Schmerz der Blicke, der Worte von Menschen um ihn herum,
die ihm immer wieder das Gefühl gaben, er mache das nicht gut genug,
weder als Vater, noch als Ehemann, schliesslich konnte aus dem Jungen,
der er einst war, nicht ein Mensch erwachsen, der allen Zweiflern und Neidern
zum Trotz ein verantwortungsvoller Mensch mit Persönlichkeit wurde,
diese Gedanken kamen ihm immer wieder, bis er die alte Zerissenheit wieder
spürte, dieses hin und her gerissensein zwischen zwei Welten, er spürte das
"mehr", dass es da noch geben musste in seinem Leben und er spürte
die Blicke, die auf ihn gerichtet waren, das warten auf den Triumph der
Menschen, die es nicht ertrugen, wie sehr er über sich selbst hinausgewachsen
war und ihm deshalb immer wieder das Gefühl des Versagens gaben.
Irgendwann war es soweit, er gab dem Druck nach und flüchtete,
aus der Ehe, die er fälschlicherweise mit einem Gefühl von "zu Hause" verwechselt
hatte, der Familie drumherum, die ihm in den letzten Jahren sowohl Halt
gegeben hatte, als auch ihn einengte.
Er wollte nur atmen, das Leben spüren, sich selbst spüren,
er wollte lachen, tanzen, träumen und endlich suchen,
was er bisher nicht gefunden hatte, etwas, das ihn erfüllt.
Auf die Idee, dass er sich selbst erfüllen könnte,
dass er seinem Herz folgen,
seinen Träumen leben geben könnte,
kam er zu diesem Zeitpunkt noch lange nicht.
Wieder machte er sich auf die Suche nach einem Menschen,
der ihm das geben konnte, ihm Leben einhauchen konnte,
das Gefühl angekommen zu sein, was auch immer das bedeuten
sollte.
Alles was er sein Leben lang gespürt hatte war Sehnsucht.
Sehnsucht nach etwas unbestimmten, etwas das er nicht fassen
und damit auch nicht benennen konnte ...

Fortsetzung folgt ... vielleicht ... ;-)


HERZlich ~ Daniela







Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen