Sonntag, 16. November 2014

~ Lied der Welle: Khalil Gibran ~

Der starke Strand ist mein Geliebter,
Und ich bin sein Schatz,
Endlich vereint uns die Liebe, und dann
Zieht mich der Mond von ihm fort.
Hastig strebe ich zu ihm hin, und weiche
Widerwillig, mit vielen
Kleinen Abschiedsküssen.
Ich stehl mich flink hinter dem blauen
Himmelsstrich hervor,
Das Silber meines Schaums auf seines Sandes
Gold zu streuen, und mit ihm
In zergangenem Glanz zu verschmelzen.
Ich stille seinen Durst und lass sein Herz
Ertrinken; er dämpft meine Stimme und
Beschwichtigt meine Wut.
Im Morgengrau spreche ich die Gesetze
Der Liebe in sein Ohr, und er
Umarmt mich sehnsuchtsvoll.
Des Abends singe ich ihm das Lied
Der Hoffnung und drück dann sanfte Küsse
Auf sein Gesicht; flink bin ich und furchtsam,
Er jedoch ist still, geduldig und bedächtig.
Sein breiter Busen lindert meine Unrast.
Kommt die Flut, liebkosen wir einander,
Weicht sie, fall ich ihm zu Füßen
In Ergebung.
Oft habe ich Nixen umtanzt,
Wenn sie den Tiefen entstiegen,
Auf meiner Krone lagernd die Sterne zu beschauen;
Oft hörte ich Liebende klagen
Ob ihrer Kleinheit und half ihnen zu seufzen.
Oft habe ich die großen Felsen geneckt
Und lächelnd liebkost, doch niemals
Ein Lachen von Ihnen erhalten;
Oft habe ich ertrinkende Seelen gefasst
Und zärtlich an meinen lieben Strand getragen.
Er schenkt ihnen die Kraft, die er
mir raubt.
Oft habe ich Juwelen den Tiefen entwendet
Und meinem Geliebten überbracht. Er
Nimmt sie wortlos an, doch ich schenk weiter,
Da er mich allezeit willkommen heißt.
In der Schwere der Nacht, wenn alle Geschöpfe
Das Gespenst des Schlafes suchen,
Wach ich, singend zuzeiten, zuzeiten
Seufzend. Ich bin immer wach.
Geschwächt hat mich, dass ich nicht schlafen kann!
Doch Liebende bin ich, und die Wahrheit der Liebe
Ist stark.
Ich mag müde sein, doch werd ich niemals sterben.

~ Khalil Gibran ~ 

Einen LIEBEvoll LEBENdigen Tag wünsche ich UNS heute!

HERZlich ~ Daniela



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