Mittwoch, 22. April 2015

~ Eine wellenreiche Begegnung ~

Mein Telefon klingelt, während ich gerade dabei bin die Kinder abzuduschen.
Nach einigen Sekunden springt der Anrufbeantworter an.
Keine Nachricht.
Naja, wenn´s wichtig war, wird der Anrufer wohl erneut versuchen mich
zu erreichen.
Noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, klingelt
das Telefon erneut.  Ich bin noch beschäftigt und denke mir,
dass da aber jemand sehr hartnäckig ist.
Als wir cirka eine halbe Stunde später beim Abendessen sind,
klingelt das Telefon erneut.
Ich hebe ab melde mich mit meinem Namen und höre eine männliche
Stimme:
"Daniela?" einige Sekunden Stille. Ich kann die Stimme niemand zuordnen,
obwohl sie mir auch nicht fremd erscheint.
"Ich bin´s der Olli." Seinen vollen Namen hängt er noch an.
Ich überlege einen Augenblick, weiss aber beim besten Willen nicht,
was ich mit diesem Namen anfangen soll.
"Woher kennen wir uns?" Frage ich etwas unsicher.
Er lacht.
"Erinnerst Du Dich noch, es ist über 20 Jahre her, wir sind uns auf Formentera begegnet."
Der Groschen fällt, genauer gesagt, plumpst er mit voller Wucht in meine Erinnerung.
"DU? Der Olli??? Ich freue mich!"
Oliver begegnete mir ziemlich genau vor 20 Jahren bei einem Beachvolleyballturnier,
auf Formentera.
Er war sehr groß, hatte lange, dunkle Haare, tolle braune Augen
und einen ziemlich arroganten Auftritt.
Sein Lachen zog die Aufmerksamkeit aller Mitspieler auf sich.
In meinem Empfinden lachte er ein wenig zu laut und auf mich wirkte es unecht,
was aber in der Rückbetrachtung auch einfach daran liegen kann,
dass ich ihn einfach toll fand und es mir nicht so recht eingestehen wollte.
Als ein wenig später die gemischten Teams zusammengestellt wurden,
traf mich der Schlag.
Tatsächlich sollte ich mit diesem arroganten Affen in einem Team spielen.
Er schien sich zu freuen und begrüßte mich mit einer Umarmung in
seinem Team.
Vielleicht hatte ich mich ja doch geirrt, und er war ganz nett,
verwarf den Gedanken aber gleich wieder, da sich sicher gleich
beim Spiel zeigen würde, wie er wirklich tickt.
Entgegen meiner Annahme entwickelte sich das Spiel fantastisch,
es war, als hätten wir schon immer zusammen gespielt,
wir gaben uns Zeichen mit Blicken, wer wie den Ball zu spielen
hätte und zu meiner Verwunderung verstanden wir sie wortlos
und ohne Erklärungen. Ich musste beim Gedanken daran ein wenig grinsen,
weil mir das mit meiner Freundin, die seit 4 Jahren mit mir in einem Team
spielte bis heute nicht gelang, wir verzweifelten schier an der Unfähigkeit der
anderen zu verstehen, was einer von uns wollte.
Mit Olli war das anders.
Letztlich landeten wir auf dem zweiten Platz, wohlverdient
und glücklich.
Olli, nahm das zum Anlass mich gleich mal durch die Luft zu wirbeln!
"Hey, wir haben gewonnen, das müssen wir feiern. In 2 Stunden in der Strandbar?"
Ich schluckte. Mir war nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran mit ihm allein
zu sein. Nicht, weil ich dachte, dass er mir etwas antun könnte.
Aber zu dem Zeitpunkt wurde mir langsam aber sicher klar,
dass er mir gefiel, er war freundlich, intelligent, verstand mich ohne Worte
und war auch wirklich nicht arrogant, so wie ich es mir gerne eingeredet hätte.
Ich antwortete ziemlich einsilbig:"Okay!"
Auf dem Rückweg zu unserer Finca wurde mir ganz heiss, nicht nur dass ich
natürlich vergessen hatte, meine Nase extra zu schützen und die nun rot glühte,
nein, was hatte ich mir nur dabei gedacht Olli zuzustimmen, ich würde
kein einziges Wort herausbringen. Nicht, dass ich auf den Mund gefallen wäre,
aber in solch einer Situation könnte es einem schliesslich schon einmal die Sprache
verschlagen, das war zumindest meine Befürchtung.
Als ich die Finca betrat, erwarteten mich bereits meine Eltern.
"Und wie war´s?" fragte meine Mutter
"Mhm."
"Letzter Platz, oder was ist passiert."
"Zweiter Platz, nix ist passiert und bitte keine weiteren Fragen!"
Meine Mutter schaute mir verwirrt nach, als ich ins Bad ging,
um zu duschen.
Als ich eine Stunde später geduscht und zurecht gemacht vor meiner Mutter stand,
hatte ihr verwirrter Blick sich immer noch nicht geändert.
"Huch! Was hast denn Du vor?" entfuhr es ihr.
So beiläufig wie möglich antwortete ich:"Ach, ich gehe noch auf einen Cocktail
in die Strandbar."
"Allein?"
"Nee, mit Olli, aus dem Beachvolleyballteam."
 "Mit Olli also", meine Mutter grinste und der Unterton in ihrer Stimme
gefiel mir ganz und gar nicht.
"Da gibt es auch echt nichts zu grinsen Mama. Olli ist ein arroganter Schnösel,
der viel zu laut lacht."
Ein herzliches Lachen brach aus meiner Mutter heraus:
"Verstehe und weil er so ein arroganter Schnösel ist, der viel zu laut lacht
und Du ihn überhaupt nicht magst, verabredest Du Dich mit ihm, richtig?"
Genervt rollte ich meine Augen: "Genau richtig erkannt. Ich gehe dann jetzt."
"Okay!" Sie gab mir einen Kuss auf die Stirn und fügte hinzu: "Du siehst wunderschön aus,
mein Schatz, hab` einen tollen Abend, komme bitte nicht zu spät zurück und bitte doch den
arroganten Schnösel Dich nach Hause zu begleiten. Du weisst ich mache mir Sorgen,
wenn Du hier in einem fremden Land, noch so spät ..."
Ich unterbrach sie mit einem: "Jaaaaaa Mama, mach ich! Bis später!"
Als ob ich irgendjemand fragen würde, ob er mich nach Hause begleitet,
ich war ja wohl alt genug, um auf mich selbst aufzupassen, dachte ich auf dem Weg zur
Strandbar.
Je mehr ich mich ihr näherte, desto doller begann mein Herz zu klopfen.
' Verdammt hör auf damit!' schalt ich mich in Gedanken.
' Ich gehe mit einem Mitspieler aus meinem Team etwas trinken,
um den gemeinsamen Sieg zu feiern und nicht zu einer Verabredung
mit Dave Gahan'.
Von weitem winkte Olli mir bereits.
Er saß auf einem der Korbstühle, die um einen kleinen runden
Tisch positioniert waren.
Zu meinem Erstaunen hatte er einen ziemlich ruhigen Platz etwas abseits gewählt,
nicht mitten im Trubel.
Ich atmete noch einmal tief durch bevor ich mich an den
Tischen vorbeischlengelte und er plötzlich vor mir stand.
Er lächelte und seine Augen funkelten im Licht der untergehenden
Sonne: "Hallo, Daniela, schön, dass Du Du gekommen bist.
Ich war mir nicht ganz sicher, nach Deiner knappen Antwort."
Schon wieder begann mein Herz wie wild zu pochen.
"Ich freue mich auch, hier zu sein." hörte ich mich ganz ruhig sagen
und war verblüfft, wie es sein konnte, dass ich so aufgeregt war und dennoch so
cool bleiben konnte.
Wir setzten uns und bestellten einen Cocktail.
Stundenlang saßen wir da, erzählten uns voneinander
und schauten der Sonne dabei zu, wie sie im Meer versank.
Irgendwann fragte Olli: "Hast Du Lust noch eine Runde über den
Hippiemarkt zu schlendern und auf ein wenig Live Musik?"
"Klingt toll!" Antwortete ich, während ich mich fragte,
wie nun Olli, zumindest der Olli, wie ich ihn mir am Nachmittag noch ausgemalt
hatte und der Hippie Markt zusammen passen.
Nachdem er mir allerdings die letzte Stunden so viel von sich erzählt hatte,
verwunderte es mich nicht mehr.
Aus dem arroganten Schnösel war plötzlich ein wunderbarer und interessanter
Mensch mit unfassbar klugen Fragen ans Leben geworden.

"Daniela?"
"Ups* entschuldige bitte, Olli, ich bin gedanklich gerade etwas abgeschweift,
genauer gesagt, war ich noch mal kurz mit Dir in der Strandbar."
Olli lachte: "Ich habe Dir gerade erklärt, wie ich an Deine Telefonnummer gekommen
bin, nachdem ich Dir sicher 6 Kontaktanfragen in diversen Social - Media Netzwerken gesendet,
habe, Dich unzählige Male angestupst habe und Dir einige Nachrichten zukommen ließ, die
Du irgendwie alle ignoriert hast."

"Nachrichten? Kontaktanfragen?  Wahrscheinlich habe ich die wegen des Stupsens
nicht angenommen. Nachrichten habe ich keine erhalten."

Wieder lachte er: "Manche Dinge ändern sich nie! Hast Du Lust am Dienstag
einen Kaffee mit mir zu trinken? Ich würde so gerne wissen, was Du machst,
wie Du lebst und wie es Dir in all den Jahren ergangen ist, seit Du mich beim
Faith no More Konzert einfach so stehen gelassen hast."

Sofort erinnerte ich mich an diesen Abend,
es war das zweite Mal, dass ich mich fluchtartig von ihm entfernt hatte,
allerdings aus einem völlig anderen Grund.
Erst auf dem Hippie Markt, als er plötzlich meine Hand nahm,
die ich ihm panisch entriss und auch gleich mitteilte, ich müsse nun dringend zurück
zur Finca.
Ich war einfach losgelaufen, ohne mich zu verabschieden und mich
für den schönen Abend zu bedanken.
Als ich am nächsten Tag erfuhr, dass Olli bereits auf dem Rückflug nach Berlin
war, traf es mich wie ein Schlag.
Ich hatte einfach Angst bekommen.
Wovor wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, nur, dass seine Berührung Beben
in mir auslöste.
Klar, ich hatte mich auch erst kurz vor diesem Urlaub von meiner ersten Liebe
getrennt und wollte von Liebe erst einmal nichts mehr wissen, zu intensiv
waren die Schmerzen, die Desillusionierung, als dass ich solche
Gefühle in näherer Zukunft nochmal an mich heranlassen wollte.

Ein Jahr später dann, ich hatte immer wieder an Olli denken müssen,
war ich mit Freunden zu einem Konzert verabredet.
Bei einem Glas Sekt machten wir uns gemeinsam zurecht für
DAS Event des Jahres.
Endlich war es soweit und wir würden in ein paar Stunden Faith no More
live auf der Bühne sehen.
In der Konzerthalle angekommen, tranken wir noch etwas
im Foyer, bevor wir uns in den Innenraum stürzen würden.
Ich war in ein Gespräch mit meiner Freundin vertieft,
als mir plötzlich jemand von hinten die Augen zuhielt.
"Was soll das?" fragte ich entrüstet.
"Wer bin ich?" fragte eine mir bekannte Stimme zurück.
Ich tastete die Arme bis hin zu den Händen, die ich mir von den Augen nahm
und drehte mich um.
Ich hatte es geahnt, aber mir nicht zu wünschen gewagt.
Vor mir stand ein strahlender Olli:
"Ich fasse es nicht, seit einem Jahr, versuche ich Dich irgendwie zu finden,
aber ich kenne nicht einmal Deinen Nachnamen. Ich frage mich seitdem, was
passiert ist, warum Du fluchtartig den Hippie Markt verlassen hast!?"
"Ich hatte Angst" antwortete ich zögerlich.
"Angst? Vor mir?"
" Ja. Nein, Angst vor dem Gefühl, dass Du in mir ausgelöst hast,
Angst davor mich zu verlieben, so kurz nach der Trennung,
Angst vor Verletzung, vor erneuter Desillusionierung.
Irgendwie alles zusammen."
"Daniela," er strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht,
"ich habe auch Angst."
Meine Knie zitterten, noch bevor ich irgendetwas sagen konnte,
zerrte auch schon meine Freundin an mir, und zog mich in den Innenraum.
Olli, folgte uns mit seinen Freunden, ich gab ihm meine Hand und zog ihn
durch die Menschenmassen.
Wir schafften es tatsächlich bis kurz vor die Bühne.
Es war heiss und mir wurde schwindelig, ob das der Menschenmasse,
der schlechten Luft oder Ollis Anwesenheit geschuldet war, weiss ich nicht.
Es war ein grandioses Konzert, Olli wich mir nicht von der Seite,
wir tanzten, hüpften und ertrug sogar unser Gekreische, als die Band
die Bühne betrat. Irgendwann spürte ich ihn hinter mir stehen,
er legte seine Arme um meine Taille, und wir bewegten uns zum Rhytmus der
Musik. Es war einer dieser Augenblicke, die nie enden durften.
Irgendwann flüsterte Olli mit etwas ins Ohr.
Ich verstand kein Wort und drehte mich zu ihm um.
Unsere Blicke trafen sich Olli zog mich an sich und wir küssten
uns leidenschaftlich. Es fühlte sich an, als würde der Boden
unter mir nachgeben, als würden wir abheben, verschwinden
in unserem eigenen Universum, an einen Ort ausserhalb der Zeit.
Nach einiger Zeit klopfte mir meine Freundin auf die Schulter:
"Sagt mal, fällt Euch etwas auf?"
Ich brauchte einen Augenblick um mich zu sortieren, als ich bemerkte,
dass die Halle bis auf einige betrunkene, die in irgendwelchen Ecken lagen
und die Menschen, die nun fleissig dabei waren die Halle zu säubern,
nicht mehr viele Menschen übrig geblieben waren.
Die Halle war hell erleuchtet und Olli registrierte, dass seine Freunde verschwunden
waren. Während ich merkte, dass ich dringen mal etwas trinken musste.
Er sah mich an und sagte sehr ernst: "Daniela, ich suche jetzt meine Freunde und
wir treffen uns in 15 Minuten vor dem Ausgang. Bitte lauf nicht wieder weg!"
"Dieses Mal bestimmt nicht, antwortete ich und gab ihm einen Kuss, bevor ich
mich mit meiner Freundin auf den Weg machte, etwas zu trinken zu besorgen
und die anderen zu finden." Noch auf dem Weg, kam uns wütend eine Freundin
entgegen, die ihre Eltern gebeten hatte uns abzuholen.
Ich hatte die Zeit vergessen und wir waren schon fast eine Stunde zu spät.
"Kommt, JETZT SOFORT, beeilt Euch!" Sie zerrte mich an meinem Ärmel zum Ausgang.
"Ich kann jetzt nicht fahren, ich muss wenigstens Olli meine Telefonnummer geben."
"Wenn Du jetzt nicht kommst, kannst Du sehen, wie Du mitten in der Nacht nach Hause
kommst und vor allen Dingen, wie Du das Deinen Eltern erklärst."
Ich hasste sie in diesem Moment und ich würde sie wahrscheinlich für immer hassen.
Meiner besten Freundin kam eine Idee: "Schau mal da drüben steht doch Olli`s Freund,
ich gebe ihm schnell Deine Telefonnummer und sag ihm er soll Olli Bescheid geben,
dass wir dringen weg mussten. Geh` Du schon mal zum Auto."
Die Idee erschien mir nicht genial, aber in jedem Fall besser, als
wieder einfach so zu verschwinden und nicht zu wissen,
ob ich ihn jemals wieder sehen würde.
"Ich hoffe, der Idiot hat geschnallt, was ich ihm da gesagt habe und wessen Nummer das
ist, der schien ziemlich neben sich zu stehen." Erzählte mir meine Freundin,
als sie sich ins Auto schmiss.
Ich blieb die gesamte Autofahrt still.
Meine Gedanken waren bei Olli, bei dem Kuss,
bei diesem magischen Wiedersehen.
Er musste einfach meine Nummer erhalten haben,
es konnte doch nicht sein, dass wir uns nun ein zweites Mal aus den
Augen verlieren würden.
Doch irgend etwas war geschehen, entweder wollte er mich nicht
anrufen oder er hatte meine Telefonnummer nicht erhalten.
Im schlechtesten Fall würde er denken, dass ich wieder einfach
verschwunden wäre.

"Halloooooo, bist Du noch da?"
Schon wieder war ich völlig abwesend.
"Ja, was hast Du gesagt?"
"Ich wollte von Dir wissen, ob wir am Dienstag einen Kaffee trinken gehen, alles
was ich sonst noch wissen will, würde ich am liebsten Persönlich mit Dir besprechen."
Ich dachte einen Augenblick nach, Dienstag wäre eine perfekte Gelegenheit
für einen gemeinsamen Kaffee, die Kinder wären bei ihrem Papa und ich hätte
am Nachmittag Zeit.
"Okay!" antwortete ich
Olli lachte schallend und auch ich musste mitlachen.
Nachdem wir verabredet hatten, wann und wo wir uns treffen würden,
sagte er noch: "Ich freue mich auf Dich, seeehr."
"Ich freue mich auch. Bis Dienstag!"

Einen beZAUBERnden MITTwoch wünsche ich Euch!

HERZlich ~ Daniela















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