Dienstag, 20. Januar 2015

~ WellenBRIEF: Danke mir ~

Einen Brief an sich selbst zu schreiben,
kann eine ganz schöne Herausforderung darstellen.

Ich habe es dennoch mal versucht.

Liebes Ich,

ich weiss ich habe es Dir nicht immer ganz leicht gemacht.
Erinnerst Du Dich noch, an den Augenblick in dem ich begonnen habe
Dich systematisch zu unterdrücken?
Du warst mir nicht angepasst genug.
Du bist mir zu oft angeeckt,
Du hast zu viele unbequeme Fragen gestellt
und irgendwann habe ich einfach begonnen Dich zu ignorieren.
Ich habe mich selbst in Rollen gepresst, ich Schubladen gesteckt
und habe mir ganz bereitwillig Wege vorgeben lassen, die ich zu gehen
hätte, das musste ich auch, denn Du hattest ja nun kein Mitspracherecht mehr,
und ohne Dich fühlte ich mich verloren.
Vielleicht hatte ich ein wenig, oder sogar ganz viel Angst davor,
wie unser Leben verlaufen wäre, wenn ich nicht begonnen hätte Dich
zum schweigen zu bringen.
Zusammen waren wir immer anders, zumindest habe ich mich immer
so gefühlt.
Erinnerst Du Dich noch, als wir klein waren haben wir uns die
tollsten Geschichten ausgedacht und immer wenn wir sie jemand erzählten,
hörten wir etwas wie: "Dieses Kind hat aber eine blühende Fantasie!"
Und weisst Du noch, als wir (ich war in der ersten Klasse),
den Jungen, den unsere Klassenlehrerin zu unrecht bestrafte,
aus dem Klassenraum holten, um den anderen, der wie wild um sich geschlagen
hatte, in den Klassenraum zu schicken? Klar, wir haben es so gedreht,
als hätte die Lehrerin uns den Auftrag erteilt, die mir auch prompt einen
Brief mit nach Hause gab, in dem geschrieben stand, wir untergraben ihre Autorität.
Ich denke, das waren die Augenblicke in denen ich zu zweifeln begann,
ob Du wirklich zu mir passt. Aber wir waren schliesslich eins, Du bist ja ich
und damit blieben wir noch eine ganze Weile zusammen.
Heikel wurde es dann im Teeangeralter,
Die Einen hielten uns für zu vernünftig,
weil wir nicht lügen wollten und auch nicht das Bedürfnis hatten
unsere Gehirnzellen bereits in diesem jungen Alter an irgendwelche
bewusstseinserweiternden, oder emotionstötende Substanzen zu verschleudern,
die Anderen fanden uns komisch, weil wir zu viele Fragen stellten
und wieder anderen passten wir nicht, weil wir uns nicht in irgendwelche
Rollen innerhalb einer Clique drängen lassen wollten.
Wir hatten Freunde, echte Freunde, was der Unterschied ist,
sollte mir erst viel später bewusst werden.
Irgendwann in dieser Zeit beschloss ich,
dass wir es gemeinsam nicht leicht haben würden und begann mich an
anderen Menschen zu orientieren, so richtig gelingen wollte mir das nie,
aber zwischen all den verschiedenen Weltbildern,
in all den Wünschen, Sehnsüchten, Erwartungen, die Menschen so
hatten ans Leben und an mich, verlor ich irgendwann den Überblick,
so schaute ich mal hier und mal da, nach einem passenden Lebenskonzept,
probierte die unterschiedlichsten Berufe aus, traf auf die merkwürdigsten Menschen,
und war sehr oft sehr traurig, ohne benennen zu können warum das so ist!
Dem Himmel sei Dank, warst Du immer stärker, in Augenblicken,
als ich kurz davor war mich komplett zu verlieren und hast mir immer wieder gezeigt:
"Hey, das bist doch nicht Du! Rette Dich, bevor Du ertrinkst!"
Das habe ich auch gemacht und JETZT möchte ich mich bei Dir bedanken,
dafür, dass Du immer da warst, wenn ich Dich am meisten gebraucht habe,
dafür dass Du nie aufgehört hast zu kämpfen und dafür, dass ich Dir das immer wert war.
Ich war es mir Wert.
Denn wir sind eins.
Selbst als ich dachte, die Welt geht unter und ich bin nun völlig verloren,
verzweifelt, verängstigt und gefühlsbetäubt, hast Du einen kurzen
Augenblick genutzt um wie ein Leuchtfeuer in meine Dunkelheit zu schiessen.
Ich glaube das war der Augenblick in dem mir klar wurde, wir existieren nicht
getrennt voneinander, Du lebst in mir, das wirst Du immer tun und Du willst
nur Gutes für mich, auch wenn ich es manchmal nicht auf Anhieb erkennen kann.
Du hast mich gerettet, wir haben mich gerettet,
aus dem Käfig, in den ich mich selbst gesperrt hatte.
Von diesem Augenblick an, gehen wir den Weg wieder gemeinsam und es war
kein leichter Weg, umzulernen, Dir wieder Vertrauen zu schenken und sich nicht
wieder zu verlieren in Gedanken & Verhaltensmustern.
Du hast mir in den letzten Jahren ziemlich oft einen schmerzenden Spiegel vorgehalten,
immer und immer wieder hast Du gefragt: "Ist das wahr?" "Bist das wirklich Du,
die diese Entscheidung trifft?" Nein verdammt, ich bin immer wieder auf Mauern gestoßen,
auf Kontrollmechanismen und auf Verstecke, die mir Sicherheit boten,
bis auch die mir quälend und einschränkend erschienen.
Danke auch dafür.
Danke, dass wir nie aufgegeben haben an uns zu glauben,
danke, dass wir uns die Zeit genommen haben um zu erkennen,
wo wir hin wollen, auch wenn meine Ungeduld mich häufig um den Verstand brachte.
Ich weiss, dass wir nie aufhören werden uns gegenseitig Fragen zu stellen,
ich weiss, dass wir uns immer mal wieder in die Quere kommen werden
und ich weiss alles ist gut und wird besser,
weil es das ist was uns, was mich antreibt.
Es hört einfach nie auf.
Danke mir, ich glaube an mich!

In Liebe Daniela


Es ist 3 Jahre her, da fragte mich mein Freund: "Daniela, hast Du Dich schon einmal bei Dir selbst bedankt? Hast Du Dir schon einmal  einen Brief geschrieben?"

Es ist 3 Jahre her, da bekam ich Beklemmungen und ein irres Schuldgefühl nur bei dem Gedanken
daran, mir einen solchen Brief zu schreiben.

Es hat 3 Jahre gebraucht, bis ich den Mut fand es einfach zu tun, und einen Auszug
mit Euch zu teilen!

Warum? Weil ich es meinem Freund und mir versprochen habe!

"Ich gehe in mich, um herauszukommen." ~ Anais Nin ~

Hier bin ICH!
















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