Montag, 6. Oktober 2014

~ Leben im Ruhrgebiet ~

Welch` ein erstaunlich schöner Herbst,
denke ich mir, während ich mit meinen Töchtern
durch die Ruhrauen zum Flußufer wandere und wie beschenkt wir sind,
mit dieser Naturvielfalt vor der Haustür.
Wenn ich den Menschen erzähle, dass ich im Ruhrgebiet lebe und wie schön ich
es hier finde, höre ich immer einen skeptischen
Zweifel heraus beim Gegenüber. "Aber die hohe Bevölkerungsdichte,
die stillgelegten Kohle - und Stahlwerke,
die riesigen Einkaufszentren und die unattraktiven Innenstädte."
Zunächst an allem ist etwas dran.
Einige Innenstädte sind tatsächlich unattraktiv.
Trotz aufwendiger Sanierungsmaßnahmen und Millionenprojekten,
reihen sich in den Innenstädten 1 Euro Shops an
Modeketten, die Hälfte der Läden in unserer einst belebten
City - Fußgängerzone stehen leer und an den Wochenenden
bekommt man leicht den Eindruck einer Geisterstadt.
Also wohin verschwinden die Leute?
Meines Erachtens tun sie, wie so häufig,
was ihnen angeboten wird.
Sie shoppen in den riesigen Einkaufszentren fernab der Innenstadt,
von denen nun jede nennenswerte Stadt im Ruhrgebiet mindestens eines hat,
parken dort kostenlos und nicht zum Wucherpreis,
der in den Innenstädten verlangt wird.
An den Wochenenden zieht es die Menschen in die
definitiv vorhandenen Naherholungsgebiete mit reichhaltigen
gastronomischen Angeboten, oder eben in die Natur.
Aus den meisten stillgelegten Kohle - und Stahlwerken
wurden attraktive Freizeitoasen und auch kulturell
steht das Ruhrgebiet den nennenswerten deutschen Großstädten
in nichts mehr nach. Museen mit grandiosen Ausstellungen,
Theater, Musicals, Lesungen, Konzerte, wir haben alles was
das Herz begehrt.
Menschen ziehen sich in Ihre mehr oder weniger attraktiven
Stadtteile zurück, wo sie mittlerweile alles haben, was sie zum täglichen
Leben brauchen.
Supermärkte, Drogerien, Apotheken, Ärzte, Bäckereien,
Gastronomie, Friseure, die hier bei uns wie Pilze aus dem Boden schiessen.
Ehrlich gesagt verlassen ich "mein charmantes Dorf" in Richtung Innenstadt
auch nur, wenn es zwingend notwendig ist.
Ich liebe den gut sortierten und liebevoll geführten kleinen Buchladen,
in dem ich freundlich empfangen werde und mir jedes Buch,
das einmal nicht vorrätig ist, innerhalb kürzester Zeit bestellt wird.
In dem mir die Mitarbeiterin Bücher empfiehlt und schon vorher selektiert,
weil sie ganz genau weiss, was ich gerne lese.
Meine Kinder mögen den kleinen Spielzeugladen, der auch
gleichzeitig als Postfilliale dient, auch wenn er mit dem
Überangebot an Spielwaren der großen Ketten nicht mithalten kann.
Ich mag die Atmosphäre um den kleinen Marktplatz,
die alte Dorfkirche und das Fachwerk
und ich liebe die Nähe zur Natur,
zur nahegelegenen Ruhr und die Ruhe.

Ich freue mich, auch wenn ich in Eile bin, über
die Dame, die mir aus ihrem Blumenladen
jeden Morgen freundlich zuwinkt.
Von meinem freien Blick in den Himmel
und dem Blick in die Weite des Ruhrtals mal ganz abgesehen.

Ich mag Berlin, Hamburg, München & Dresden,
ich freue mich über den obligatorischen Sonntagsausflug nach
Düsseldorf oder Köln.

Ich liebe das Meer und könnte mir auch vorstellen dort
zu leben, oder in den Bergen.
In eine Großstadt zieht es mich nicht so sehr,
ausser natürlich um Freunde dort zu besuchen
oder um diese Städte kennenzulernen.

Dennoch vermisse ich hier nichts,
es gibt Wälder, Flüsse, Seen, die Halden,
Felder und Hügel.

Also auch für EUCH Naturliebhaber ist das Ruhrgebiet definitiv eine
Reise wert und verstecken muss es sich schon lange nicht mehr "Untertage".

Und die Menschen? Wie sind wir eigentlich?
Gibt es etwas, das uns alle verbindet?
Vielleicht die nicht immer auf den ersten Blick
erkennbare Herzlichkeit, die sich hinter
direkter und ehrlicher Schroffheit oft verbirgt.

"Kind, dat heisst erschrecken, oda hasse schoma wat von Schrock gehört?
Nö, nä? Gibbet au nich. Nur der Schreck."
Schrie uns gerade gestern ein netter Herr lächelnd auf dem Fahrrad hinterher,
nachdem meine Tochter sich "erschrocken" hatte vor einem Fahrzeug und mir das
mitteilte.
"Was hat der da rumgeschrien, Mama?"
"Ich hab dat gehört, Mädel war abba nur Spassss!" Kam noch hinterher.

Eine typische Szene, hier und vielleicht auch anderswo,
aber mein Heimatdialekt ... hier kann ich die Menschen verstehen,
auch wenn´s mehr genuschelt als gesprochen ist.

Habt einen herrlichen Wochenbeginn, ihr Lieben!

HERZlich (unschroff) ~ Daniela








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