Dienstag, 15. Dezember 2015

~ Wenn das Leben kommt ~

"Olá. Das Leben kommt."
Einer seiner Sätze, die ihr immer wieder in den Sinn kamen,
wenn ihr das Leben mal wieder innerhalb einer sehr kurzen
Zeit verdeutlichte, wie wenig Sinn es machte, sich zu vielen
Gedanken, zu vielen Analysen einer Situation hinreissen zu lassen,
weil das Leben sich eben nicht vorausberechnen liess.
So wurde es ihr immer bewusster, dass sie sowohl ihre
kostbarsten, als auch ihre schrecklichsten Augenblicke
nie vorausberechnen konnte. Sie trafen sie einfach,
kamen mit dem Leben, wie manche Welle, unberechenbar
und mit nachhaltigem Veränderungswert.
Wie häufig ihr in den letzten Jahren sein Satz in den Ohren klang,
konnte sie nicht sagen, wie die vielen anderen Sätze, die ihr wie
Wegweiser an den Gabelungen ihres Lebens erschienen.
Sie fragte sich nicht mehr, ob sie all dem eine zu große
Bedeutung zumaß, wie es ihr immer wieder Menschen zu suggerieren
versuchten. Es war eine Tatsache, dass sich durch diese Begegnung,
durch all seine Fragen, durch die scheinbar Bedeutungslosen,
aber perfekt positionierten Nebensätze ihr Leben nachhaltig
verändert hatte. All das was noch zuvor so unbenannt als
vages Gefühl tief in ihr brodelte, sie in die
Tiefe zu verbannen versuchte, wann immer es an die Oberfläche
zu kommen drohte. Das sie verwirrte, sie in der Annahme bestärkte,
wenn es jemals durchbrach, würde es einen Stein ins Rollen
bringen, der sich nicht stoppen lassen würde, ihr Leben
aus den so wohl geordnet anmutenden Bahnen werfen würde,
die sie zwar nicht glücklich machten, aber ihr zumindest Sicherheit
gaben, die sie offenbar in sich nicht finden konnte.
Bis zu dieser Begegnung mit diesem Menschen, der ihre Fragen stellte,
die sich nun nicht mehr zurück in die Tiefe drängen liessen,
der diese Nebensätze so klug & weise anbrachte, dass diese Fragen
sie nicht einmal mehr verwirrten.
Sie bewegten sie und sie befreiten sie, mit einer Leichtigkeit,
die sie im rasantesten Tempo durch ihre verborgenen Emotionen,
ihre Abgründe leitete, dass selbst diese, so schwer und dunkel
sie zunächst erschienen so leicht zu erhellen waren.
Sie lernte die Verantwortung zu übernehmen
für all das was in ihrem Leben geschehen war, sich selbst
klarer zu sehen und sich letztlich zu vergeben, für die Verletzungen,
die sie sich selbst und mehr oder weniger bewusst anderen Menschen
zugefügt hatte.
Ihr gesamtes Leben sah sie plötzlich mit anderen Augen.
Wie ein Puzzle, dass sich wie von selbst zusammenzufügen schien,
und jedes einzelne Teil schien plötzlich einen Sinn zu erhalten.
Demut spürte sie und tiefe Dankbarkeit für dieses, für ihr Leben
und all das, was sie bisher erleben durfte und noch erleben
würde. Eine ungeahnte, eine tiefe und lebendige Freude breitete
sich in ihr aus. Erfüllte sie so sehr, dass sie sie am liebsten
herausschreien wollte. Alle Menschen daran teilhaben lassen
wollte, ihnen die Augen öffnen für die überwältigende
Schönheit dieses Lebens. Zu diesem Zeitpunkt ahnte sie nicht,
wie ernüchert sie schon bald feststellen würde, dass Menschen
zu vielem fähig sind, aber zur wahren Freude, waren verhältnismäßig
wenige Menschen bereit.

Sie liess ihren Blick durch das Dachfenster in den Himmel schweifen,
zündete sich eine Zigarette an und nahm einen Schluck von dem
heissen Milchkaffee, der vor ihr stand.
Zwischen dem was ihr da gerade durch den Kopf ging und diesem
Augenblick lagen nun 4 Jahre. Vier Jahre eines Lebens,
dass sie sich so niemals vorgestellt hatte.
Mit vielen besonderen Begegnungen, wundervollen Augenblicken,
mit niederschmetternden Sturmfluten. Wie ein Leben in dieser
Intensität aussehen würde, das hatte sie nicht geahnt, aber
um nichts in der Welt würde sie jemals auch nur eine Sekunde missen
wollen. Im Gegenteil, sie wünschte diese Begegnung hätte früher stattgefunden,
so wäre ihnen vielleicht mehr Zeit geblieben, aber letzlich hatte sie
verstanden, dass das Leben eben kommt & jeder Zeitpunkt
ein guter Zeitpunkt ist, um den Mut, die Kraft und die Liebe
aufzubringen uns selbst all die unbequemen Fragen zu stellen,
die uns wirklich bewegen, in die abgelegenen Ecken unserer
Seele zu blicken und uns die Antworten zu geben, die
uns ein erfülltes Leben ermöglichen.

~ Daniela Buchholz, Dezember 2015 ~




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