Mittwoch, 16. Dezember 2015

~ Begegnungen mit Fremden ~

Manchmal bleibt mir Luft weg,
bei all den Einzelschicksalen, die mir so täglich begegnen.
Nehmen wir uns eigentlich alle nicht ein wenig zu wichtig?
Ja, wir alle haben so manche Hürde zu überwinden in unserem
Leben, so manchen Stein ins Rollen zu bringen und so manche
Welle zu tanzen. Sehr klug und scheinbar weitsichtig befassen
wir uns mit dem Leid in der Welt, pflegen unsere Wunden,
suhlen uns im Leid, dem anderer Menschen und unserem Eigenen.
Aber was verändern wir wirklich?
Ich frag mich seit Wochen, was das herumjammern bringen soll,
dass sich an allen Ecken abspielt.
Parallel dazu denke ich an die Begegnungen mit Menschen in
den letzten Wochen: Die ältere Supermarktkassiererin die bei der Arbeit
weinend zusammenbricht, weil sie sich dem Druck nicht mehr gewachsen
fühlt, aber den Job braucht um zu überleben.
Woher ich das weiss? Weil zufällig ich gerade an der Reihe
war mit meine Einkäufe zu bezahlen und einfach den Verkehr angehalten
habe, indem ich stehenblieb und ihr zuhörte.
Der ältere Herr im Bus, der sich zu uns setzte und uns seine Lebensgeschichte
erzählte, und wie traurig er sei, dass er Weihnachten nicht mit seiner Familie
verbringen könnte.
Die nette junge Frau von Gegenüber, die sich so sehr verändert hat
und mir kürzlich während eines Spaziergangs mit dem Hund erzählte,
dass sie an Krebs erkrankt wäre.
Apropos Spaziergänge, die alte Dame, die mir auf meiner täglichen
Morgenrunde begegnete, kommt mir in den Sinn, die mittlerweile
schwer an Demenz erkrankt in einem Pflegeheim verweilt,
und die mich zuletzt immer mit dem Namen eines Menschen
ansprach, den sie vor langer Zeit zu kennen schien und mit
dem sie scheinbar noch etwas zu klären hatte.
Der junge Mann mit dem wachen Geist, der zufällig neben mir
steht, als ich auf den Zug warte und der mir (s)eine Lebensgeschichte
erzählt, bei der ich mir denke, würde er die aufschreiben,
wäre es die repräsentative aus dem Leben gegriffene Geschichte dafür,
was Unaufmerksamkeit, Projektionen und Gewalt der Eltern
anrichten in einer wachen und begabten Kinderseele.
Mich lassen diese Menschen, diese Schicksale nicht kalt.
Ja, es gibt viel Leid zu sehen in dieser Welt, Terror, Krieg.
Es schmerzt uns alle, es lässt uns alle spüren, was Gewalt auslöst,
wozu Perspektivlosigkeit führt, dass es Augenblicke gibt,
wo es um das nackte Überleben geht und es ist gut und wichtig,
dass wir hinsehen und helfen.
Vielleicht ist es aber auch ähnlich wichtig, dass wir mit offenen Augen
durch die Welt gehen, und uns mal umschauen und fragen,
wie es sein kann, dass sich so viele Menschen einsam fühlen,
dass sie einsam sind!?


Alles Liebe ~ Daniela





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