Samstag, 19. Dezember 2015

~ Felsen am Meer ~

Sie schlenderte an der Promenade entlang.
Eigentlich mied sie diesen Weg, aufgrund der Touristen,
die dort im Schneckentempo geschwätzig umher liefen,
während ihr schmilzendes Eis auf ihre Shirts tropfte
und sie nichts, aber auch gar nichts von dieser traumhaften
Umgebung mitzubekommen schienen.
Die dunkle Felswand mit ihren unzähligen Schlupflöchern -
aus denen hin und wieder Streifenhörnchen hinausblickten,
sich zuzunicken schienen, bevor sie flink ihre Eingänge tauschten,
wenn sie nicht unterwegs vom klicken der Kameraknöpfe, ooohs und aaaahs,
oder schmierigen Händen, die ihnen Eis oder ähnlich artfremdes Essen
entgegen schleuderten - umrahmte den Weg auf der einen Seite,
die andere Seite trennte eine kniehohe Mauer vom weissen Sandstrand
und dem Meer, dessen Rauschen in dem Stimmengewirr kaum mehr
wahrnehmbar war. Spürbar war es, in jedem Augenblick, den sie
auf der Insel verbrachte. 4 Monate war sie nun bereits auf der Insel
und wenn es nach ihr ginge, würde sie auch dort bleiben,
aber im Augenblick sah es so aus, als wäre ihr großer Traum
nicht länger realisierbar. Ihr Auftrag auf der Insel war spätestens
zum Ende des nächsten Monats ausgeführt und für den Augenblick
fehlten ihr sowohl die Ideen was sie hier tun könnte, als auch
das nötige Kleingeld um sich auf der Insel zur Ruhe zu setzen.
Die Schulungen der Mitarbeiter des Hotel Spas waren schon nicht
das gewesen, was sie mit Freude tat, aber es war die Möglichkeit
für einige Monate auf dieser - auf ihrer - Insel zu leben.
Wann immer es ihr möglich war, verlegte sie die Trainings nach draussen,
und nicht selten fand sie sich mit den Mitarbeitern in einer einsamen
Bucht um auch während der Arbeit diesen Zauber, der die
Insel umgab einzuatmen.
Nun war der Auftrag beinah beendet und wenn ihr nicht
bald eine zündende Idee kam, würde sie sich spätestens am Ende des
nächsten Monats in einer kalten deutschen Großstadt wiederfinden,
schlechtestenfalls in einem Unternehmen, das denen glich für die sie bisher gearbeitet
hatte. Bei dem Gedanken daran sank ihre Freude gen Null.
Sie hatte in ihrem alten Unternehmen gekündigt um genau das nicht
mehr zu tun.
Deshalb hatte sie heute diesen Weg gewählt, sie hatte sich vorgenommen,
in das kleine Fischerdorf zu laufen, das am Ende der Promenade
lag und von dort die 476 Treppen den Felsen hinauf zu steigen
um von dort oben, mit Blick aufs Meer, über die Nachbarinseln hinweg,
am Horizont die Nordafrikanische Küste erahnend, nachzudenken,
auf eine Eingebung zu warten oder im schlechtesten Fall einfach
den Blick in diese unendlich anmutende Weite zu genießen,
die Meeresluft zu atmen und die Wellen leise gegen die Felsen schlagen
zu hören ...


~ Daniela Buchholz, Dezember 2015 ~





1 Kommentar:

  1. Manchmal reichen auch Meeresluft und das Rauschen des Meeres um Glück zu spüren ! :)

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