Sonntag, 6. September 2015

~ Wiedersehen nach 40 Jahren ~

"Wie wohl ich mich in diesem Restaurant fühle", dachte sie,
als sie sch bereits im Auto befand, auf dem Weg, den sie
seit einigen Wochen an jedem Samastag fuhr.
Lange hatte sie ein Restaurant gesucht, in dem sie sich
gut aufgehoben fühlte. Man war schliesslich nicht anspruchslos,
in ihrem Alter. Nein, sie wollte keine "Haute Cuisine", aber
eine freundliche Bedienung, qualitativ hochwertiges, frisches
Essen. Zufälligerweise entdeckte sie mit einer Bekannten
das Restaurant wieder, indem sie 35 Jahre zuvor geheiratet
hatte, unter neuer Leitung, mit Liebe zum Detail eingerichtet
mit genau solch einer Atmosphäre in der sie sich wohlfühlen
konnte. Nun war der Restaurantbesuch am Samstag schon
beinah zum Ritual geworden. Einfach entspannen
und sich verwöhnen lassen, von der Strapazen der arbeitsreichen
Woche erholen und ein paar nette Gespräche mit ihrer Bekannten
führen. Der Rückweg führte sie auch in dieser Woche an einer
viel befahrenen Straße vorbei, wo sie einen Augenblick anhielt,
um in Ruhe eine Zigarette zu rauchen. Nicht weit weg,
in einer Seitenstraße war sie aufgewachsen. Es kam ihr
nicht so vor als lägen mehr als fünzig Jahre zwischen
ihren ersten Kinderjahren und jetzt. Gern erinnerte sie
sich an ihre Jugend, wie sie sie mit ihren Geschwistern
und Freunden verbrachte. Auch heute flimmerte der eine
oder andere Gedanke an diese Zeit vorbei
und ihre Augen bekamen diesen ganz besonderen Glanz.
Routiniert fuhr sie ihren Wagen auf den Seitenstreifen
und hielt an. Noch während sie ausstieg, erhellte sich ihr Blick,
das Gesicht begann zu strahlen, ohne ein Wort an ihre
Bekannte zu richten bewegte sie sich auf ihn zu,
den Mann, der ihr vor 40 Jahren schlaflose Nächte bescherte,
ihr Schmetterlinge in den Bauch zauberte und Gefühle
von Liebe und Zuneigung in ihr weckte, die sie nie zuvor
kannte.
Nun 40 Jahre später standen sie sich gegenüber.
Die Jahre standen ihnen ins Gesicht geschrieben.
Er schien vom Leben gezeichnet.
Ihre Körper waren nicht mehr die gleichen wie
vor 40 Jahren, aber all das schien unbedeutend,
in dem Moment, als sich ihre Blicke trafen,
sie einander umarmten und für einen Augenblick
die Zeit vergaßen, sich jung und frei fühlten wie damals.
Sie wirkten so vertraut miteinander,
das selbst die vorbeigehenden Passanten sich eines
wohlwollenden Lächelns nicht erwehren konnten.
Nach einigen Augenblicken war es auch schon wieder vorüber.
Sie tauschten ihre Telefonnummern aus, nachdem sie sich kurz
über den aktuellen Stand ihrer Lebenssitautionen informierten
und versprachen einander bald einmal zu telefonieren.
Als sie ein paar Augenblicke später ihren Wagen startete
um ihren Heimweg fortzusetzen sagte sie ihrer Bekannten:
"Weisst Du, er war ein Adonis damals, alle Frauen wollten
ihn, das war nichts für mich!"
Ihre Bekannte lächelte.
Zu schön war es, diesen Augenblick mitzuerleben,
das Funkeln in den Augen dieser Menschen zu sehen.
Zu spüren, dass es Dinge gibt, die sich niemals ändern
zwischen Menschen und zu erkennen, eine Begegnung
so banal sie erscheinen mag, hat nicht selten
Auswirkungen auf den Rest unseres Lebens.
Ein Gefühl bleibt ein Gefühl,
möge eine Ewigkeit dazwischen liegen oder wenige Minuten. 



Herzlich ~ Daniela




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