Freitag, 13. September 2013

~ Elfen(t)raum ~

„Guten Tag,“ sagte der Sonnenstrahl, „Sie sind so schnell unterwegs, wo fliegen sie denn hin?“
Hoppla, die Elfe schaute sich um, sie konnte nichts erkennen.
Das Licht blendete sie so sehr, sie war einfach losgeflogen, sie hatte geträumt und nicht bemerkt,
wie nah sie sich ans Licht gewagt hatte.
Sie blinzelte und erkannte im Licht die Umrisse einer Gestalt.
Diese Umrisse wirkten so mächtig, nicht leicht und sanft, wie die einer Elfe.
Sie wirkten schwer und bedrohlich. Was das wohl sein mochte, was sich wohl dort entdecken ließe,
noch näher am Licht, fragte sich die Elfe still.
Sie erschrak, weil ihr bewusst wurde, dass sie hierher geflogen war, ohne auf den Weg zu achten,
sie hatte geträumt, von ihrem magischen Ort, ein Ort am Meer.
Dort würde sie ein lange verlassenes Haus erwarten, ein schweres, verwittertes Eisentor würde sie mit all ihrer Kraft bewegen um über einen steinigen Weg das Haus zu erreichen.
Es ist ein wirklich altes Haus, die Mauern haben gelitten durch Wind und Sonne.
Die Elfe öffnet eine Holztür, es lässt sich an einigen Stellen erahnen, dass diese Tür einmal  blau angestrichen war, das musste allerdings sehr lange her gewesen sein.
Sie betritt den Flur, es ist dunkel und staubig dort drinnen, sie öffnet alle Türen die sie findet und plötzlich erstrahlt das Haus in hellem Licht, es würde viel zu tun geben, denkt sie und dass dies ihr Paradies ist.
Hier will sie sein, sie träumt sich das Haus in den buntesten Farben, den Garten voller Zitrusfrüchte - und Olivenbäume.
Hier soll ein Ort des „sich fühlens“ entstehen, ein Ort der Begegnung.
Eine Oase des Lichts, inmitten einer kargen Vulkanlandschaft, in unmittelbarer Nähe des Ozeans.
Dieser Ort erinnerte sie an ihren Ursprung, hier fühlte sie sich zu Hause.
Unterdessen war sie wohl einfach losgeflogen und fand sich so nah am hellsten aller Lichter wieder.
Die Elfe liebte das Licht, doch bisher war es eher etwas gewesen, das sie sehnsuchtsvoll aus der Ferne betrachtete, wie auch ihren Traum vom Paradies.
Zu sehr war sie damit beschäftigt ihren Platz auf der Erde, zwischen all den Menschen zu finden, sie wusste immer dass, es einen Grund gibt, der sie an diesen Ort und in diese Zeit schickte und doch hatte sie immer mal wieder das Gefühl, sie passe dort nicht hin, in letzter Zeit wurde es schleichend immer intensiver.
Nun hatte sie wohl etwas in die Nähe des Lichtes gezogen.
Sie versuchte erneut die Augen zu öffnen und wieder gelang ihr nur ein blinzeln, jetzt sah sie etwas genauer. Die Umrisse der Gestalt wurden zu einem riesigen Schatten, der sich vor Ihr aufbäumte.
In diesem Augenblick erkannte sie, dass es ihre eigene Silhouette war, die sie dort sah.
Ein riesiger Schatten ihrer Selbst, der erstaunlicherweise nicht mehr so bedrohlich wirkte, er lächelte sogar recht freundlich, fast einladend.
Dort oben im Licht, entdeckte die Elfe ihren Mut.
Flügelschlag für Flügelschlag näherte sie sich dem Schatten ein wenig mehr.
Ihr war so, als würde sie von weit her das Echo einer ihr vertraute Stimme hören, die sagte: „Geh weiter, flieg, Du kennst die Richtung und Du weißt Du kannst es. Ich hab´s gesehen.“
Berührt vom Echo und der Melodie ihres Herzens, tat die Elfe den letzten Flügelschlag, der sie in ihrem eigenen Schatten verschwinden ließ.
Es war dunkel hier und kalt.
Die Elfe spürte eine unfassbare Wut in sich aufsteigen, was tat sie hier nur und wozu zeigte ihr dieser Schatten ihren Lebensfilm, all die Episoden, die sie sich schon einmal angeschaut hatte, vor nicht allzu langer Zeit,
den Schmerz, die Traurigkeit, lähmende Angst, Selbstbegrenzung, Abhängigkeit.
Sie wollte das alles nicht noch einmal sehen, dennoch hatte sie den Weg hierhin gefunden,
geleitet von etwas, das der Verstand ihr nicht erklären konnte.
Sie durchlebte erneut und in einer vorher nicht gekannten Intensität und Geschwindigkeit, alle Tiefen ihres bisherigen Lebens.
Als der Film endete, fühlte sie sich, als hätte sie Jahre nicht geschlafen, als hätte ihr etwas all Ihre Energie entzogen.
Sie brauchte einen Augenblick Ruhe und schloss die Augen.
Sie schlief ein und träumte.
Sie träumte, sie sei ganz nah ans hellste aller Lichter geflogen und dort ihrem Schatten begegnet, der ihr ihren eigenen Lebensfilm zeigte.
Sie träumte, dass in diesem Augenblick etwas merkwürdiges geschah.
Die Elfe und ihr Schatten wurden EINS.
Die Dunkelheit, die ihr vorher so bedrohlich erschien wurde zu einem selbstverständlichen Teil von ihr.
Sie öffnete die Augen und blickte wieder ins Licht.
Sie war orientierungslos, hatte sie wirklich geträumt?
Sie suchte den Schatten.
Was sie erblickte, diesmal mit weit geöffneten Augen, war so atemberaubend schön,
dass die Freude ihr Tränen schenkte.
Sie sah die SONNE so HELL & in ihrer PURen, einzigartigen SCHÖNheit.
Um die Sonne herum tanzten die unterschiedlichsten Lichtwesen und sangen ihr Lied.
In diesem Augenblick wusste die Elfe, sie waren mit ihr dort gewesen,
sie hatten den Film gemeinsam mit ihr geschaut und sie würden immer da sein, in jeder Sekunde ihres Lebens.
Sie war erfüllt mit Liebe und Dankbarkeit!
Die Elfe spürte, dass sie nun zurück musste.
Sie würde diesen Augenblick zeitlebens nicht vergessen und immer, wenn sie nun ins Licht blicken würde, wäre sie erfüllt von diesem Gefühl der Liebe, des Eins seins und sie könnte wann immer sie wollte hierher zurückkehren.
Sie atmete tief und machte sich von den leiser werdenden Stimmen begleitet auf den Heimweg. Diesmal schaute sie sich genau an, was sie sah, sie hörte jedes Geräusch, sie roch und schmeckte die unterschiedlichen Atmosphären, die sie durchflog und sie fühlte die feinsten Veränderungen auf ihrer Haut.
Eine überbordende Freude breitete sich in Ihr aus.
Zu Hause angekommen dachte sie nach, über dieses Ereignis.
Ihr wurde bewusst, dass etwas sehr bedeutsames geschehen war.
Sie hatte vorher oft darüber nachgedacht und versucht zu verstehen, dass Licht & Dunkelheit untrennbar miteinander verbunden sind.
Nichts auf dieser Welt würde LEBEN ohne einen Gegensatz,
nichts wäre spürbar und es würde kein Gleichgewicht geben.
Ihr wurde immer klarer, dass der einzige Schmerz, den es wirklich zu überwinden galt TRENNUNGSSCHMERZ ist, denn in Wahrheit sind wir es immer Selbst,
die uns trennen, von dem was größer ist als wir, von dem Gefühl verbunden zu sein,
weil Licht&Schatten gegeneinander ankämpfen in uns und in der Welt um uns herum.
Ihr wurde bewusst und zum ersten mal konnte sie wirklich FÜHLEN, was sie schon lange ahnte,
dass es darum geht ein Gleichgewicht zu finden,
Verbindungen zu schaffen, Brücken zu bauen.
Lichtquellen zu erschliessen in der Dunkelheit.
Damit fühlte sich plötzlich der Weg zu ihrem Traum,
dem Ort des Lichtes, das Haus am Meer, leichter an,
das Bild dazu wurde klarer und verankerte sich zu einem Ziel,
denn sie wusste es gab noch viele Brücken zu bauen und einige Lichtquellen zu erschliessen,
auf ihrem Weg dorthin.



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