Sonntag, 3. April 2016

~ Plötzlich war es still ... ~

...
Plötzlich war es still.
Nach all den Beileidsbekundungen, den sensationsgierigen Nachfragen,
der Betroffenheit. Sie fragte sich, ob die Menschen aufgehört hatten an ihn
zu denken, ob dieses alte Sprichwort, das sie schon immer für unwahr gehalten
hatte doch auf die meisten Menschen zutraf? "Aus den Augen aus dem Sinn!"
Andererseits, was blieb noch zu sagen? Zu tun? Er war tot.
Dieses beklemmende Gefühl, das ihr fast den Brustkorb zu erdrücken schien,
wann immer sie es realisierte - tot - gestorben, einfach so.
Es war nicht fair. Aber wer hatte schon gesagt, dass dieses Leben fair ist.
Ihre Gedanken kreisten immer wieder um ihre erste Begegnung,
das Aufeinandertreffen zweier Menschen, die sich weder gesucht hatten,
noch auf eine solche Begegnung vorbereitet waren.
Sie wusste nicht einmal mehr, ob sie sich gewünscht hätte ihm zu
begegnen, wenn sie vorher gewusst hätte, wie abrupt, wie schrecklich,
wie schmerzvoll diese Begegnung enden würde.
Wir alle wissen, dass wir einmal sterben müssen und wir alle haben weniger Einfluss
auf den Todeszeitpunkt, als es uns lieb ist und dennoch, so dachte sie,
überfällt der Tod manche Menschen mit einer so eiskalten Grausamkeit,
dass es sie wieder erschaudern liess. "Hast Du es denn nicht geahnt? Hat
man denn vorher keine Veränderung bemerkt? Es muss doch Anhaltspunkte gegeben
haben." Sie hatte genug von diesen Fragen und Andeutungen.
Natürlich liess sich in der Rückbetrachtung, die eine oder andere Situation
finden, der man jetzt, im Nachhinein eine Bedeutung entnehmen konnte,
die auf einen Abschied hindeuteten. Ja, es waren merkwürdige Dinge geschehen,
in den Tagen vor seinem Tod und ja, sie hatte ein unruhiges Gefühl
bei all den Merkwürdigkeiten, die sich aber auch irgendwie in seine
neue Lebensplanung einordnen liessen. Ja, sie hatte in den letzten
Tagen eine Stimme gehört, die immer kraftloser schien und sie hatte
unzählige Male nachgefragt, ob alles in Ordnung sei bei und mit ihm.
Er sei müde, hatte er gesagt, einfach müde und er freue sich auf
die bevorstehende Zeit, das Abenteuer, das auf ihn warte, ein weiterer
Schritt in Richtung seiner Vision. Hätte sie noch aufmerksamer sein müssen,
und hätte sie irgendetwas verhindern können? Sie zermaterte sich ihr Hirn,
während ihr wieder einmal unvermittelt Tränen über ihre Wangen liefen.
Ja, sie hätte sich gewünscht ihm zu begegnen, trotz und gerade wegen
all dieser Geschehnisse. Sie erinnerte sich an eines ihrer ersten Telefonate,
ein Telefonat, das eine solche Vertrautheit entstehen liess, dass sie sich
später, als das Gespräch beendet war noch fragte, wie es sein konnte,
dass zwei sich fremde Menschen, die ganz offensichtlich lieber kryptisch, in Metaphern
und nicht ganz eindeutig kommunizierten, sich so offen und klar begegnen konnten.
"Ich glaube, wir können etwas füreinander tun, was genau, zeigt sich in der Zeit."

...

~ Daniela Buchholz, 02 April 2016 ~




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